Gewaltfrei erziehen


Für viele Menschen in unserer Kultur ist es zum Glück schon selbstverständlich ein Kind ohne Gewalt zu erziehen. Aber ist die Umsetzung dann auch wirklich gewaltfrei? Ist denn den meisten Menschen überhaupt bewusst, was alles Gewalt ist? Sein Kind nicht zu schlagen, heißt noch lange nicht, dass man keine Gewalt ausübt.


Formen der Gewalt

Gewalt hat sehr viele verschiedene Formen und muss keineswegs immer körperlich sein. Nur sind andere Formen oft schwerer zu erkennen. Und sein Kind (gewaltfrei) zu erziehen bedeutet vor allem eins: Arbeit an sich selbst.
Das Kind ist dabei oft ein Spiegel für die eigenen Fehler, das kann sehr unangenehm werden und weh tun. Und um nicht in diesen Spiegel schauen zu müssen, kann es dann schon mal vorkommen, dass man zu Gewalt greift. Und sei es nur mal lauter zu werden, weil das Kind wahnsinnig nervt. Auch das ist schon ein Anfang von Gewalt. Ich sage nicht, dass das niemals vorkommen darf. Aber wenn es vorkommt, ist es zwingend notwendig, dies zu reflektieren, damit es nicht wieder passiert oder gar zur Gewohnheit wird.
Ich sehe oft Eltern auf der Straße, die sich bestimmt auch gegen Gewalt aussprechen würden, aber mit ihren Kindern sprechen, als seien sie dumm und wertlos. Auch das ist Gewalt. Vielleicht scheint es nicht so heftig wie ein Schlag, aber auf Dauer richtet es einen großen Schaden in der Seele des Kindes an und hinterlässt Wunden, die wesentlich länger zum Heilen brauchen, als ein blauer Fleck.

Ein paar weitere Beispiele für Gewalt:

Anschreien, einsperren, vernachlässigen, beleidigen, drohen, erpressen (auch emotional), Liebesentzug, ignorieren, bestrafen, Essen vorenthalten...etc. 

Diese Dinge klingen sehr extrem, aber auch in milden Formen, die oft unbewusst sind, können sie schwerwiegende Folgen haben. 

Aber was wenn mein Kind mir jetzt wirklich total auf die Nerven geht und nicht hört???


Der gute Grund

Jedes Verhalten eines Menschen (Opfer & Täter) hat immer einen guten Grund. Das heißt er handelt aus seiner Sicht sinnvoll. Sich dieses Prinzip bewusst zu machen kann helfen, störende Verhaltensweisen seines Kindes zu hinterfragen anstatt gleich mit Wut zu reagieren. Und es kann auch helfen die eigene Wut, die durch das Verhalten des Kindes aufkommt zu hinterfragen.

Wenn dein Kind dich also mal wieder auf die Palme bringt, frage dich, was der gute Grund dafür ist. Sucht es deine Nähe und Aufmerksamkeit? Will es dir etwas zeigen/mitteilen, aber du merkst es nicht? Es kann viele Gründe geben. Wenn dein Kind schon reden kann, frag es doch einfach mal.

Und wenn die Wut in dir aufsteigt, überlege mal wieso. Was genau macht dich an seinem Verhalten so wütend? Hast du gerade eigentlich keine Zeit für so etwas? Bist du gestresst? Fühlst du dich hilflos gegenüber all den Anforderungen des Alltags und des Kindes? Auch da kann es sehr viele Gründe geben und es ist wichtig diese zu kennen.

Wenn die Gründe für unsere Gefühle uns bewusst sind, ist es einfacher impulsive Handlungen zu verhindern. Man kann schon frühzeitig auf die eigentlichen Bedürfnisse von beiden Seiten eingehen und es muss nicht zu Gewalt kommen.


Worte statt Taten

In die gleiche Richtung wie das Prinzip des guten Grundes geht die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Es ist ein einfaches Werkzeug um zu lernen, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu kommunizieren ohne das Verhalten des anderen zu bewerten. 

Dabei beobachtest du (wertfrei!) das Verhalten des anderen und die Gefühle, die es in dir auslöst. Unterschieden wird dabei zwischen deinen Gedanken und Gefühlen ("Ich bin überfordert" statt "ich fühle mich von dir genervt"). Dann fragst du dich welches unerfüllte Bedürfnis dahinter steckt (z.B. Ruhe) und kannst dieses deinem Gegenüber gewaltfrei mitteilen. So kann man gegenseitig die Bedürfnisse des anderen verstehen lernen und einen achtsamen Umgang miteinander erlernen.

Eine genauere Anleitung und sogar einen online Kurs findest du hier.

Wenn dein Kind noch nicht (genug) sprechen und verstehen kann, kann dies dir trotzdem helfen deine eigenen Bedürfnisse und die deines Kindes wahrzunehmen und dementsprechend zu handeln. 

Und wenn mal gar nichts hilft: Aus der Situation gehen, Augen schließen, ein paar mal tief durchatmen. Jeder noch so schwierige Tag ist irgendwann vorbei. Dein Kind will dich mit seinem Verhalten nicht ärgern, es ist nur noch nicht in der Lage dir vernünftig mitzuteilen, was es braucht. Und es ist deine Aufgabe es ihm beizubringen und vorzuleben. Um das zu schaffen, darfst du dir jederzeit Hilfe holen.


"Die Erziehung muss dem Kinde nicht nur helfen zur Erfüllung der großen Aufgabe, Mensch zu werden, sondern sie hat die physische und psychische Gesundheit der Menschheit in der Hand." -Maria Montessori


ein paar Herzensempfehlungen:

  • Waldorfpädagogik 
  • "Kinder sind anders" und "Grundlagen meiner Pädagogik" von Maria Montessori
  • die "artgerecht" Bücher von Nicola Schmid
  • "Autorität durch Beziehung - Die Praxis des gewaltlosen Widerstands in der Erziehung" von Haim Omer & Arist Schlippe
  • Das Lied "Testament" von Sarah Lesch 



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